Das Symposium, das mit über 100 Teilnehmern im Erikahaus stattfand, diente dazu, über das neue Netzwerk zu informieren, die Akteure ins Gespräch zu bringen und über aktuelle Themen und Projekte in der Versorgungsforschung in der Hamburger Region zu informieren.
Martin Härter eröffnete das Symposium und warf einen kurzen Rückblick auf den Hintergrund der Netzwerkgründung. So betonte er die prominente Rolle des CHCR in der Hamburger und bundesweiten Versorgungsforschung und dessen Relevanz für die Beantragung der BMBF-Strukturförderung. Neben der starken Verbundforschung im CHCR waren vorhandene Kooperationsstrukturen der relevanten Akteure in der Hamburger Versorgungsforschung förderlich für die Gründung und Institutionalisierung einer Netzwerkstruktur. Folglich überrascht es nicht, dass HAM-NET bereits in der Anfangsphase auf über 30 interessierte und unterstützende Institutionen zurückgreifen kann.
Olaf von dem Knesebeck erläuterte in seinem Redebeitrag die Ziele, Aufgaben und Strukturen, die sich bisher entwickelt haben und weiter entwickeln werden. Das übergeordnete Ziel des Netzwerks liegt in der Förderung und Koordination der Versorgungsforschung sowie die Verbindung von Versorgungsforschung und Versorgungspraxis in Hamburg.
Daraus ergeben sich folgende Schwerpunktaufgaben:
- Entwicklung und Identifikation strategisch wichtiger und innovativer Themenbereiche der Versorgungsforschung und –Gestaltung in Hamburg
- Initiierung und Koordination von Forschungsinitiativen
- Förderung der Zusammenarbeit zwischen Akteuren in der Versorgungs-Forschung und in der Versorgungspraxis
Um das Netzwerk zu steuern und zu koordinieren werden bis Ende 2017 ein Sprechergremium und ein Vorstand eingesetzt, die vom internationalen Beirat beraten und im Austausch mit den Mitgliedern stehen werden. Daniel Bremer als Netzwerkkoordinator ist bereits seit dem Projektstart am 1. Februar 2017 aktiv.
Mit Holger Pfaff konnte das Netzwerk einen hochkarätigen Versorgungsforscher als Keynote Speaker für das Symposium gewinnen. Er widmete sich in seinem Vortrag dem Thema „Versorgungsentwicklung - Wie entwickle ich das Versorgungssystem „bottom up“ weiter?“. Holger Pfaff begann seinen Vortrag mit dem Problem des Innovationsmangels im Gesundheitswesen und der Schwierigkeit das Leitbild des lernenden Gesundheitssystems umzusetzen. Unter zur Hilfenahme systemtheoretischer Perspektiven konkretisierte er in der Folge nicht nur die Herausforderungen, sondern skizzierte ebenfalls Lösungsansätze, die vor allem auf Methoden der Organisationsentwicklung beruhen. Neben dem etablierten Top-down-Verfahren sieht er unter anderem das Bottom-up- und Gegenstromverfahren als notwendige Ergänzung, um das System zu irritieren, anzuregen und Angebote zu machen.
Die Entwicklung der Versorgung ist folglich ein mehrdimensionaler und systemischer Prozess. Zum einen müssen gleichzeitig mehrere Ebenen bearbeitet werden (z.B. Bereiche der Dienstleistungen, Patienten, Laiensysteme, Personal, Qualität, Organisation, Netzwerke und Politik). Zum anderen müssen die verschiedenen Entwicklungsaufgaben aufeinander abgestimmt und gesteuert werden. Dem/r Versorgungsforscher/in kommt hier die Rolle des/r Systemarchitekts/in zu.
Abschließend stellte Holger Pfaff das Kölner Pendant zu HAM-NET dar: das ebenfalls BMBF-geförderte und noch zu etablierende Netzwerk „CoRe-Net“. Der Fokus des Netzwerkes liegt auf der Versorgungsentwicklung basierend auf der Idee der lernenden Organisationen und anhand dreier Forschungsprojekte, die sich zunächst auf zwei Patientengruppen konzentrieren.
Im Anschluss an die Vorträge folgte eine große Ausstellung mit 30 Postern, die den Teilnehmern die Möglichkeit gab, sich über aktuelle Versorgungsforschungsprojekte, die z.B. im Rahmen des Innovationsfonds laufen, zu informieren und auszutauschen.
Den abschließenden Programmpunkt bildete eine prominent besetzte Podiumsdiskussion, die sich mit den regionalen Herausforderungen im Gesundheitswesen, relevanten Themen der Versorgungsforschung und den Erwartungen an das Netzwerk befasste.
Die Diskutanten waren: Susanne Busch (Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg), Helmut Hildebrandt (OptiMedis AG), Frank Liedtke (BARMER), Heike Peper (Psychotherapeutenkammer Hamburg), Holger Pfaff (Universität zu Köln, Expertenbeirat Innovationsfonds), Martin Scherer (UKE).
Der Moderator Bernd Löwe startete die Diskussion mit der Frage nach den prioritären Problemen im Versorgungssystem und dem Umgang mit ihnen.
Die Einschätzungen der Problemlagen gingen von verfehlter Bedarfsplanung (Susanne Busch), einem Mangel an Öffentlichkeitsarbeit beim Fortschritt und seiner Finanzierung (Frank Liedtke), Leitlinienadhärenz (Martin Scherer) und Fragen des Zugangs zur Versorgung (Heike Peper) bis hin zum fehlenden Mut zur Veränderung der Strukturen und Prozesse (Helmut Hildebrandt) sowie der Herausforderung die Anreizstrukturen maßgeblich zu verändern (Holger Pfaff).
Konsens bestand auf dem Podium hinsichtlich der Notwendigkeit, den Problemen interdisziplinär, interprofessionell und mit Hilfe von Netzwerken und Erfahrungsaustausch zu begegnen. Grundvoraussetzung ist dabei das Bestreben, Forschungsergebnisse nutzbar zu machen und zielgerichtet zu verstetigen.
In der zweiten Runde ging es um die Wünsche, die Akteure an HAM-NET haben. Wunschäußerungen waren dabei der regelmäßige und persönliche Austausch (Heike Peper), die Überwindung von Eigeninteressen (Martin Scherer), mehr abgestimmtes Handeln und offene Gespräche im Vertrauen (Frank Liedtke), Entwicklung eines lernenden Systems (Holger Pfaff), Transparenz und Kommunikation (Susanne Busch) und ein beschleunigter Erfahrungsaustausch (Helmut Hildebrandt).
Als Erfolg sähen die Podiumsteilnehmer das Netzwerk nach der dreijährigen Förderung, wenn die Anzahl der Mitglieder wächst (Helmut Hildebrandt), es Zeit zum Kennenlernen gibt (Susanne Busch), die Netzstruktur steht (Holger Pfaff), intelligente Ideen zur Überwindung der Sektorengrenzen entstehen (Liedtke), 2-3 konkrete Ziele erreicht sind (Martin Scherer) und das Netzwerk nachhaltig etabliert ist (Heike Peper).
Eine Folgeveranstaltung für 2018 ist geplant.
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